Kann man CBD nehmen und Alkohol trinken?
Ein Glas Wein oder ein Feierabendbier gehören für viele zum täglichen oder zum Ritual am Wochenende. Auch wenn regelmäßiger Konsum alles andere als empfehlenswert ist, ist gegen ein Schlückchen Alkohol von Zeit zu Zeit nicht viel einzuwenden. Dass die Mischung mit psychoaktivem Cannabis keine gute Idee ist, liegt auf der Hand. Doch wie sieht es bei der Kombination mit CBD aus?
Cannabidiol stammt schließlich auch aus der Hanfpflanze und es wird immer beliebter, dieses mit Bier oder Cocktails zu mischen. Verschiedene Studien zeigen mittlerweile, dass es auch hierbei zu Wechselwirkungen kommen kann. Welche das sind, und ob man beim Einnehmen von CBD besser auf Alkohol verzichten sollte, wird im Folgenden geklärt.
Abhängigkeit und CBD
Sowohl Alkohol als auch Cannabinoide wirken im menschlichen Körper. Zur letztgenannten Gruppe gehören unter anderem die beiden Stoffe CBD und THC. Wissenschaftler beschäftigen sich mittlerweile seit einigen Jahren mit den potentiellen Effekten verschiedener Substanzen aus der Hanfpflanze. Als sie damit begannen, machten sie im menschlichen Körper eine interessante Entdeckung: Sie fanden das Endocannabinoid-System und stellten fest, dass der menschliche Körper in ihm selbst cannabinoid-ähnliche Substanzen produziert. Mit weiteren Forschungen konnten immer mehr Erkenntnisse über das Endocannabinoid-System gewonnen werden:
- Es beeinflusst die Aktivierung anderer Neurotransmitter wie GABA, Glutamat oder Dopamin und ist wichtig für viele Körperfunktionen.
- Zentrale Bestandteile sind die Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2 sowie körpereigene (Endo)Cannabinoide, die an die Rezeptoren binden und diese aktivieren.
- CB1-Rezeptoren verteilen sich überwiegend im Gehirn, den Nieren und dem Darm. Eine besonders hohe Konzentration findet sich in Hirnregionen, die für die Bewegungssteuerung und Informationsverarbeitung verantwortlich sind.
- CB2-Rezeptoren sind im zentralen Nervensystem vor allem für die Immunabwehr zuständig.
- Endocannabinoide werden im Vergleich zu den meisten anderen Neurotransmittern nicht in den Nervenzellen gespeichert, sondern erst bei Bedarf hergestellt.
Wie die körpereigenen Endocannabinoide können sich auch Cannabinoide aus der Cannabispflanze mit den Rezeptoren verbinden und dadurch auf bestimmte körperliche Funktionen einwirken. Sowohl Cannabidiol (CBD) als auch Tetrahydrocannabinol (THC) gehören dazu. THC kann allerdings im Gegenteil zu CBD bei regelmäßigem Konsum abhängig machen und erzeugt einen Rausch. Die Abhängigkeit findet dabei auf der psychischen Ebene statt.
Ähnliches zeigt sich auch bei Alkohol. Das Ethanol (als genauere Bezeichnung für Alkohol) entfaltet seine Wirkung ebenfalls im Nervensystem und erzeugt seine Effekte durch das Einwirken auf bestimmte Botenstoffe – sogenannte Neurotransmitter – welche die Informationsübertragung steuern. Ethanol dockt jedoch nicht an Rezeptoren an, sondern wirkt auf ganze Transmittersysteme. Die Substanz kann dabei die gesamte Funktion von Rezeptoren und anderen Kanälen verändern, welche Informationen in den Nervenzellen weiterleiten. Dadurch entsteht der wohl bekannte Rauschzustand.
Auf der anderen Seite sorgt Alkohol für eine intensivere Ausschüttung von Endorphinen, die für ein angenehmes Gefühl nach dem Konsum sorgen und das Belohnungssystem im menschlichen Organismus aktivieren. Zusätzlich wird Dopamin ausgeschüttet. Aus diesem Kreislauf heraus kann eine Abhängigkeit entstehen. Der Körper strebt nach dem angenehmen Gefühl sowie der Bestätigung für das körpereigene Belohnungssystem. Zu der psychischen Abhängigkeit kann zusätzlich eine körperliche hinzukommen. Dann betrachtet der Organismus das Ethanol als körpereigenen Stoff und reagiert mit Entzugserscheinungen.
Konventionelle Wege der Behandlung von Alkoholsucht beinhalten Abstinenz und Verhaltenstherapie sowie bestimmte Medikamente. Auch ein Krankenhausaufenthalt ist manchmal notwendig. In jüngster Zeit fand die Forschung heraus, dass das Endocannabinoid-System ein effektives Ziel für die Behandlung von Alkoholismus sein kann. Einige Untersuchungen zeigen schon jetzt, dass Mängel oder Störungen in diesem System eine wichtige Rolle bei Abhängigkeiten spielen können. Anhaltende Drogeneinwirkungen und sogar genetische Faktoren können demnach zu Unregelmäßigkeiten im Endocannabinoid-System führen. Dies wiederum könnte eine Abhängigkeit auslösen. Laut neuester Ergebnisse könnte CBD dabei helfen, diese Unregelmäßigkeiten zu regulieren.
Die Erforschung des Endocannabinoid-Systems ist vergleichsweise jung, deshalb werden ständig neue Erkenntnisse über dessen Bedeutung hervorgebracht. Gleiches gilt für den Wirkstoff CBD, für den es bereits jetzt vielversprechende Ergebnisse gibt. Bis diese jedoch beweiskräftig sind, kann es noch einige Zeit dauern.
Kann es zu Wechselwirkungen kommen? – Wissenschaftliche Erkenntnisse
Bisher ist die Forschungslage eher dünn, was die Interaktion zwischen CBD und Alkohol betrifft, allerdings weist sie bereits jetzt darauf hin, dass es auf jeden Fall zu Wechselwirkungen kommen kann. Eine Studie aus dem Jahr 1979, die in der Fachzeitschrift „Psychopharmacology“ veröffentlicht wurde, zeigte dies als eine der ersten wissenschaftlichen Arbeiten [1]P Consroe, E A Carlini, A P Zwicker, L A Lacerda. „Interaction of cannabidiol and alcohol in humans.“ Psychopharmacology. 66, pages45–50(1979). Published: November 1979.. Zehn freiwilligen Probanden bekamen entweder ein Placebo (Orangensaft und eine Zuckerpille), CBD und Orangensaft, CBD und ein Gemisch aus Orangensaft und Alkohol sowie nur ein Orangensaft-Alkohol-Gemisch.
Bewertet wurden schließlich die Auswirkungen auf die motorischen Leistungen, psychomotorische Fähigkeiten, Blutalkoholwerte sowie weitere Parameter. Die Ergebnisse zeigten, dass die Teilnehmer mit Alkohol sowie der Kombination aus Alkohol und CBD deutliche Beeinträchtigungen aufwiesen. Zwar gab es nur wenige Unterschiede zwischen den beiden alkoholisierten Zuständen, allerdings zeigte die Kombination mit CBD deutlich niedrigere Blutwerte auf, obwohl der Grad der Beeinträchtigung gleich hoch war. Der Alkoholspiegel im Blut war also trotz der gleichen Dosis deutlich geringer.
Im Jahr 2013 wurde in der Fachzeitschrift „Pharmacology Biochemistry and Behaviour“ ein Artikel publiziert, in dem die Effekte von CBD auf Nagetiere in einem tierbasierten Modell mit übermäßigem Alkoholkonsum getestet wurde. Im engeren Sinn wurde die Wirkung untersucht, die CBD auf durch Alkoholkonsum hervorgerufene Neurodegeneration zeigte [2]Daniel J. Liput, Dana C. Hammell, Audra L. Stinchcomb, Kimberly Nixon. Corrigendum to “Transdermal delivery of cannabidiol attenuates binge alcohol-induced neurodegeneration in a rodent model of an alcohol use disorder.” Pharmacology Biochemistry and Behavior, Volume 126, November 2014, Pages 187-188.. Die Tiere enthielten entweder ein CBD-Gel oder eine CBD-Injektion, anschließend wurde ihnen Alkohol verabreicht. Beide Zugaben reduzierten die alkoholinduzierte Neurodegeneration über 50 Prozent. Das Gel war dabei geringfügig effektiver.
2014 wurde außerdem eine Studie in der Fachzeitschrift „Free Radical Biology & Medicine“ veröffentlicht, die die Effekte von CBD auf alkoholinduzierte hepatische Steatose oder Fettlebererkrankung untersuchte. Die Ergebnisse waren eindeutig [3]Adejumo AC et al. „Cannabis use is associated with reduced prevalence of progressive stages of alcoholic liver disease.“ Liver Int. 2018. und besagten, dass der Einsatz von CBD eindeutig dabei half, eine durch Alkohol verursachte Leberschädigung zu verhindern. Die Untersuchungen dieser Studie fand allerdings an Mäusen statt, sodass daraus noch keine endgültigen Schlüsse für uns Menschen gezogen werden kann.
Daneben gibt es bislang mindestens eine Quelle, die darauf hinweist, dass die Mischung der beiden Substanzen keine gute Idee ist. So sagte der Professor für Neurologie und Biochemie am Georgetown University Medical Center, James Giordano, dass die Kombination von Cannabidiol und Alkohol die Wirkung beider Substanzen verstärken kann. Die bereits veröffentlichten Studien zeigen jedoch Gegenteiliges. Um finale Erkenntnisse zu gewinnen, bedarf es weiterer groß angelegter Studien.
Sollte man CBD verwenden, wenn man regelmäßig Alkohol trinkt?
Tatsächlich schließt sich die Einnahme des Wirkstoffs aus der Hanfpflanze und der Genuss von Alkohol nicht aus. Allerdings sollten einige Punkte beachtet werden. Wie die bereits erwähnte Studie an Nagetieren zeigte, kann CBD vor Leberschäden schützen. Die Tiere bekamen zweimal täglich Alkohol in Form von Ethanol, um das regelmäßige Alkoholtrinken nachzuahmen. Bei der Gruppe, die zusätzlich CBD verabreicht bekam, wurde die Leber weniger stark angegriffen als bei der Gruppe ohne Cannabidiol. Laut der Forscher könne dies daran liegen, dass CBD zum einen oxidativen Stress verhindern und zum anderen dagegenwirken könne, dass die Bahnen für die Fettgerinnung aktiviert werden.
Diese durchaus positiven Effekte sollten jedoch nicht als Freifahrtschein dafür gesehen werden, von nun an exzessive Alkoholmengen zu konsumieren. Denn über die Stärke sowie die Dauer der Wirkung gibt es bislang noch nicht genügend Forschungsergebnisse. Auch wenn es mittlerweile alkoholische Getränke gibt, denen CBD zugesetzt wurde, ist davon eher abzuraten. Denn es gilt allgemein als bekannt, dass Mischkonsum generell nur wenige positive Effekte hat.
Gerade, wer CBD noch nicht lange nimmt, sollte zu Beginn besser die Finger vom Alkohol lassen. Denn wie der Organismus auf eine neue Substanz reagiert, ist von Konsument zu Konsument unterschiedlich. Im schlimmsten Fall könnte es zu unvorhersehbaren und unangenehmen Wechselwirkungen kommen. Generell gilt beim Einsatz von Alkohol: Weniger ist mehr. Denn ein hoher Alkoholkonsum und ein auf Dauer erhöhter Blutalkoholspiegel kann jede Menge Nebenwirkungen, Schädigungen und Krankheiten nach sich ziehen. Dazu gehören unter anderem:
- Zellschäden
- Leberschäden und -Entzündungen wie Fettleber oder Zirrhose
- Kontrollverlust
- Einschränkung der Koordination und artikulatorische Probleme
- Müdigkeit
- Magenbeschwerden
- Komplikationen des Blutkreislaufs
- Herzschäden
Des Weiteren weisen einige wissenschaftliche Arbeiten daraufhin, dass Alkoholkonsum bei Migräne-Patienten einen Anfall auslösen kann. Daher sollte vor allem diese Gruppe das Glas Wein oder die Flasche Bier mit besonderer Vorsicht genießen. Viele der genannten Schädigungen, können als schlimmste Konsequenz den Tod nach sich ziehen. Im Jahr 2014 gab es beispielsweise laut des Robert-Koch-Instituts 14.095 alkoholbedingte Todesfälle – und das allein in Deutschland [4]Alexander Rommel, Anke-Christine Saß, Martina Radenberg: „Alkoholbedingte Mortalität bei Erwachsenen.“ Journal of Health Monitoring ·2016 1(1)DOI 10.17886/RKI-GBE-2016-022Robert Koch-Institut, Berlin..
Darunter sind jedes Jahr etliche Verkehrsunfälle, bei denen sich beim Unfallverursacher eine viel zu hohe Blutalkoholkonzentration feststellen lässt. Ein hoher Alkoholkonsum sorgt außerdem bei vielen Konsumenten zu Enthemmungen. Dies kann leider aufgrund von Koordinationsschwierigkeiten ebenfalls tödlich enden.
Kann CBD Alkoholsucht heilen?
Der Frage, was Cannabidiol bei einer Alkoholabhängigkeit bewirken kann, gehen Forscher in neueren Untersuchungen nach. Tatsächlich liefern sie erste Erkenntnisse, dass der Wirkstoff Suchterkrankten helfen kann, sich von Abhängigkeiten zu rehabilitieren.
Um zu verstehen, wie das funktioniert, muss man wissen, wie psychische Abhängigkeiten vonstattengehen. Diese beginnen im Gehirn. Wenn wir Freude empfinden und sich unser Gehirn belohnt fühlt, setzt es Dopamin frei. Dieses wandert in verschiedene Gehirnregionen, darunter der Hippocampus oder der präfrontale Kortex. Alle Gehirnregionen spielen unterschiedliche Rollen bei der Registrierung von Vergnügen. Drogen wie Alkohol haben die Fähigkeit, das Belohnungssystem zu stimulieren. Je mehr eine Droge diesen Pfad stimulieren kann, desto süchtiger macht sie.
Alkohol stört das Gleichgewicht der Neurotransmitter im Gehirn, darunter insbesondere das Serotonin sowie Dopamin. Folgende Auswirkungen kann das nach sich ziehen:
- Anfänglich angenehme und erhebende Wirkung, die später eher sedierend wird.
- Verlangsamung der Kommunikation zwischen Neuronen im Gehirn.
- Um die Kommunikation im Gehirn zu beschleunigen, beginnt das Gehirn nach regelmäßigem Alkoholgebrauch, mehr Neuronen wie Dopamin zu produzieren.
Wenn ein Konsument oder eine Konsumentin für eine kurze Zeit keinen Alkohol trinkt, kann sich Hyperaktivität in ihr breitmachen und ihre Stimmung verschlechtert sich. Um diese Reaktionen zu beruhigen, hilft schließlich der erneute Griff zur Flasche. Dadurch macht sich ein Teufelskreis des Suchtverhaltens auf.
CBD kann hier Abhilfe schaffen. In einigen Tierversuchen zeigte sich bereits, dass die Einnahme der Substanz Sucht- und Entzugserscheinungen erträglicher mache kann. Dafür wurden Ratten erst alkoholabhängig gemacht und bekamen anschließend CBD. Es zeigte sich, dass sie schließlich weniger Alkohol zu sich nahmen und auch weniger rückfällig wurden. Weitere Untersuchungen zeigten, dass auch Raucher durch die Nutzung eines CBD-Inhalators bis zu 40 Prozent weniger Zigaretten rauchten. Eine Studie aus dem Jahr 2019, die sich mit Heroinabhängigkeit beschäftigte, zeigte ebenfalls, dass Cannabidiol das Verlangen nach einer Droge bekämpfen könne.
Dies sind bislang erste Erkenntnisse, die in eine gute Richtung weisen. Um allgemeingültige Aussagen treffen zu können, ob und wie CBD bei einem Entzug hilfreich sein kann, fehlen bislang groß angelegte Studien. Sollten diese in eine ähnliche Richtung weisen, könnte das pflanzliche Heilmittel irgendwann zur Suchttherapie eingesetzt werden.
Wer gerne mal zu tief ins Glas schaut und am nächsten Tag mit den Folgen in Form eines Katers mit bösen Kopfschmerzen kämpft, kann möglicherweise von CBD profitieren. Denn die Substanz soll einige der unangenehmen Beschwerden lindern können. Cannabidiol soll antiemetisch wirken. Das bedeutet, dass es gegen Erbrechen und Übelkeit helfen kann, da es mit dem Endocannabinoid-System des Körpers interagiert.
Zusammenfassung
Sowohl Alkohol als auch CBD entfalten ihre Wirkung im Nervensystem sowie im Gehirn des menschlichen Organismus und wirken auf verschiedene Weisen. Es gibt Studien, die erste Erkenntnisse liefern, dass es zu Wechselwirkungen zwischen den beiden Substanzen kommen kann und CBD möglicherweise sogar Auswirkungen einer Alkoholabhängigkeit eindämmen kann. Um ein endgültiges Fazit ziehen zu können, fehlen jedoch noch groß angelegte und weitere Forschungsarbeiten.
Quellenangaben
↥1 | P Consroe, E A Carlini, A P Zwicker, L A Lacerda. „Interaction of cannabidiol and alcohol in humans.“ Psychopharmacology. 66, pages45–50(1979). Published: November 1979. |
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↥2 | Daniel J. Liput, Dana C. Hammell, Audra L. Stinchcomb, Kimberly Nixon. Corrigendum to “Transdermal delivery of cannabidiol attenuates binge alcohol-induced neurodegeneration in a rodent model of an alcohol use disorder.” Pharmacology Biochemistry and Behavior, Volume 126, November 2014, Pages 187-188. |
↥3 | Adejumo AC et al. „Cannabis use is associated with reduced prevalence of progressive stages of alcoholic liver disease.“ Liver Int. 2018. |
↥4 | Alexander Rommel, Anke-Christine Saß, Martina Radenberg: „Alkoholbedingte Mortalität bei Erwachsenen.“ Journal of Health Monitoring ·2016 1(1)DOI 10.17886/RKI-GBE-2016-022Robert Koch-Institut, Berlin. |