8 verbreitete Mythen und Kontroversen über CBD-Cannabis
Cannabidiol ist inzwischen in aller Munde. Nicht nur als Nahrungsergänzungsmittel wird der Bestandteil der Hanfpflanze inzwischen überall vermarktet – auch erste Medikamente mit CBD sind bereits zugelassen.
Doch die Wissenschaft steckt im Vergleich zu anderen Bereichen hier immer noch in den Kinderschuhen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass sich auch so mancher Mythos um das neue „Wundermittel“ CBD rankt. Bei manchen werden Fakten einfach durcheinandergeworfen, bei anderen sogar das Blaue vom Himmel versprochen.
Wir klären auf, was tatsächlich stimmt.
Mythos 1: CBD wirkt nicht auf die Psyche
Wissenschaftler und Laien betonen immer wieder, dass CBD im Gegensatz zu THC keine psychoaktive Wirkung hat. Doch so mancher verwechselt diese Aussage damit, dass CBD gar nicht auf die Psyche wirkt. Das ist so nicht ganz richtig. Das Adjektiv „psychoaktiv“ bedeutet genau genommen, dass eine chemische Substanz auf das Zentralnervensystem wirkt und zu Veränderungen in dessen Prozessen führt.
CBD bewirkt keine Veränderung von beispielsweise motorischen Funktionen oder Realitätswahrnehmungen – es beeinträchtigt also nicht die geistige und körperliche Funktion. CBD löst auch keinen vergleichbaren Rauschzustand wie THC aus. Dennoch wirkt es auf die Psyche. Allein seine mögliche angstlösende Wirkung ist eine Veränderung. Auch kann CBD die Stimmung aufhellen.
Vielmehr muss hier unterschieden werden, dass CBD sehr wohl unterschiedliche Effekt auf die Psyche hat, diese jedoch nicht bedenklich sind wie bei anderen bewusstseinsverändernden Substanzen.
Es gibt bereits auch Studien, die sich mit einer möglichen psychoaktiven Wirkung von CBD beschäftigen. So fanden Wissenschaftler heraus, dass eine dem Rausch ähnliche Wahrnehmung möglich ist. Auch gibt es Ergebnisse, dass bei hohen Dosen eine geringe psychotische Wirkung vorliegen kann.
Mythos 2: CBD wirkt wie THC an den Cannabinoid-Rezeptoren
Wer sich mit der Wirkung von Cannabidiol beschäftigt, stößt unweigerlich auch auf das menschliche Endocannabinoid-System, dass erst durch die Entdeckung von THC überhaupt erkannt wurde. Das System beinhaltet die sogenannten CB1- und CB2-Rezeptoren, die Prozesse von Entzündungen, aber auch Empfindungen wie Schmerzen und Angst regulieren. Weit verbreitet ist der Mythos, dass Cannabidiol direkt wie auch THC auf diese Rezeptoren wirkt. Doch das ist falsch.
Im Gegensatz zu THC bindet CBD sich nicht direkt an die Rezeptoren, um beispielsweise Schmerzen zu lindern. THC wirkt wie körpereigene Cannabinoide, CBD nicht. Vielmehr beeinflusst Cannabidiol die Rezeptoren indirekt, indem ihre Signalwirkung erhöht oder verringert wird. Dies geschieht jedoch durch das körpereigene Cannabinoid Anandamid.
Studien zeigen bereits, wie der Spiegel dieses Stoffs durch die CBD-Einnahme verändert wird. Deutsche Wissenschaftler aus Mannheim fanden bei Probanden, die 28 Tage täglich rund 800 Milligramm CBD konsumierten, einen deutlich erhöhen Anandamid-Spiegel vor.
Zudem weisen die Forscher in jüngster Zeit immer wieder darauf hin, dass CBD auch über 60 molekulare Leitungsbahnen im Körper agiert, über die ebenfalls indirekt das Endocannabinoid-System beeinflusst wird. Denn zahlreiche dieser Bahnen gehören zu Neurotransmittern wie Serotonin, GABA und anderen. Auch hier wirkt Cannabidiol über Erhöhung oder Verringerung derer Signalübertragung.
Mythos 3: CBD macht schläfrig
Erste Forschungen zu Cannabidiol haben dem Stoff eine sedierende Wirkung zugeschrieben. Daher wird oft immer noch verwechselt, dass CBD schläfrig wirken soll. Auch die angstlösende, muskelentspannende und stresslindernde Wirkung wird oft damit durcheinandergebracht. Doch das ist längst nicht mit einem narkotischen Effekt gleichzusetzen. Inzwischen weiß die Wissenschaft: CBD wirkt tatsächlich belebend und aktivierend.
Da fragt sich so mancher: Aber CBD soll doch auch den Schlaf verbessern? Das stimmt dennoch und hat mehrere Gründe. Einer von ihnen ist der Fakt, dass der Schlaf aufgrund von Angstzuständen oder Stress gestört wird. Zahlreiche Betroffene grübeln abends im Bett und können deswegen nicht einschlafen. CBD kann hier durch die angstlösende Wirkung positiv helfen, was letztendlich auch dem Schlaf zugutekommt.
Ein weiterer Grund kann an der gewählten Cannabis-Sorte liegen, aus dem das CBD gewonnen wird. Ein hoher Gehalt an Myrcen und auch potenziell sedierendes Terpen können CBD in der schlaffördernden Eigenschaft unterstützen. Patienten können sich so tagsüber wach fühlen und dennoch am Abend ohne Probleme die Augen schließen.
Mythos 4: CBD hat keine Nebenwirkungen
Auch wenn Cannabidiol von der Weltgesundheitsbehörde WHO als gut verträglich eingestuft wurde, heißt das nicht, dass CBD keine Nebenwirkungen hat. CBD kann auch unerwünschte Wirkungen hervorrufen, wie beispielsweise:
- Müdigkeit
- Durchfall
- Appetitverlust
- trockener Mund
- Unruhe
- Reizbarkeit
Die Nebenwirkungen fallen jedoch schwächer und seltener aus als bei anderen Medikamenten, die beispielsweise bei Epilepsie eingesetzt werden. Auch ist es kein Mythos, dass CBD keine Suchtwirkung hat – auch wenn die EU-Kommission Cannabidiol im Jahr 2020 immer noch als Betäubungsmittel einstufen möchte. Der Europäische Gerichtshof hat sich am 19.11.2020 gegen diese Einschätzung gestellt und gesagt, dass CBD nach gegenwärtigem Stand der Wissenschaft keine schädlichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hat und damit kein Suchtmittel sei.
Auch können Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten bei gleichzeitiger CBD-Einnahme auftreten. Denn es kann Stoffwechselenzyme in der Leber sowie den Blutdruck und den Insulinspiegel beeinflussen.
Mythos 5: CBD in minimalen Mengen reicht aus
In vielen Ratgebern wird empfohlen, eher mit einer kleinen Dosis CBD zu beginnen, um verschiedene Beschwerden zu lindern. Das darf jedoch nicht missverstanden werden, indem der Glaube entsteht, dass schon wenige Milligramm ausreichen, um die erzielte Wirkung zu erreichen.
Vielmehr wird dieser Rat aufgrund der Tatsache gegeben, dass jeder individuell auf Cannabidiol reagiert und sich so durch zunächst kleine Dosen an die richtige Konzentration herangetastet werden sollte.
Auch zahlreiche Studien, die eine positive Auswirkung auf die Gesundheit untersucht haben, arbeiten mit deutlich höheren Dosen – oft Hunderte von Milligramm. Daher sind bei geringeren Dosen nicht sofort gleichwertige Ergebnisse zu erwarten.
Mythos 6: Viel CBD hilft auch viel
Extreme sind nie gut – sowohl im Positiven als auch im Negativen. Nach allem, was bekannt ist, kann CBD zwar offensichtlich nicht überdosiert werden, dennoch kann bei zu hohen Dosen das Risiko von Nebenwirkungen steigen. Zudem gibt es noch keine Untersuchungen, was ein dauerhafter, hoch dosierte Konsum von CBD langfristig bewirken kann. Daher sollte nicht ohne ärztlichen Rat eine extrem hohe Dosis von Cannabidiol zu sich genommen werden
Mythos 7: Das Wundermittel CBD heilt alles
Gerade in den Bereichen, in denen Menschen mit Cannabidiol Geld verdienen wollen, wird oft das Blaue vom Himmel versprochen. Nicht selten wird CBD als das Wundermittel schlechthin dargestellt, das quasi alles heilen kann. Wer diese Versprechung macht, ist mit Sicherheit nicht seriös.
CBD ist längst kein Allheilmittel. Zwar werden ihm einige positive Auswirkungen auf die Gesundheit zugeschrieben, die auch wissenschaftlich belegt sind, doch in den meisten Fällen geht es hier um Linderung von Beschwerden: Schmerzen, Entzündungen und Co. Wer medizinisch mit CBD gegen verschiedene Krankheiten vorgehen will, sollte daher unbedingt seinen Arzt konsultieren. Dieser kann die potenziellen Vorteile am besten abschätzen und auch bei der richtigen Dosierung helfen.
Mythos 8: CBD stammt immer aus Industriehanf
Auch diese Annahme ist nicht ganz richtig. Zwar setzen viele Hersteller auf industriellen Hanf, der nach der EU-Zertifizierung den gesetzlich vorgeschriebenen Höchstwerten von THC-Anteilen entspricht – doch vor allem auf dem amerikanischen Markt werden CBD-Produkte aus anderen Cannabissorten gewonnen, die reich an CBD sind. Während Industriehanf bisher oft hauptsächlich wegen seiner Fasern angebaut wurde, besitzen solche Sorten mehr Blüten mit einem höheren CBD-Anteil.
Zusammenfassung
Cannabidiol ist ein Bestandteil der Hanfpflanze, der zahlreiche positive Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben kann. Doch CBD ist keineswegs ein Allheilmittel, Nutzer sollten die Definition von „psychoaktiv“ genau kennen und auch auf die richtige Dosis kommt es an. Nebenwirkungen sind ebenfalls nicht ausgeschlossen.
Quellen und weiterführende Links
- https://www.who.int/medicines/access/controlled-substances/5.2_CBD.pdf
- https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=EuGH&Datum=19.11.2020&Aktenzeichen=C-663/18
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