Altersregression: Was es ist und warum es passiert
Sich plötzlich jünger fühlen – das wünschen sich viele Menschen. Doch in manchen Situationen ereilt uns dieses Schicksal fast automatisch. Altersregression werden jene Momente genannt, in denen Emotionen und Verhaltensweisen aus der Kindheit über uns herfallen: Erwachsene lutschen plötzlich wieder am Daumen, reagieren kindisch oder weigern sich, Probleme der Erwachsenenwelt zu lösen. Wir werden im Geiste wieder zum Kind oder Jugendlichen.
Während die Altersregression im Alltag eher harmlos ist, kann sie auch ein Symptom einer ernsten Erkrankung sein. Dann ist psychologische Hilfe wichtig. Gleichzeitig wird dieses Phänomen in der Psychologie und Hypnotherapie als Technik angewandt. Absichtlich herbeigeführt, kann es ein Selbsthilfeinstrument sein, Traumata behandeln und auch dazu dienen, Stress abzubauen.
Alles, was es über Altersregression zu wissen gibt, verraten die folgenden Zeilen.
Unterschiedliche Bedeutungen: Das steckt hinter der Altersregression
Sigmund Freud dachte einst, die Altersregression sei ein unbewusster Abwehrmechanismus der menschlichen Psyche. Sie diene dazu, sie vor Stress, Wut und Traumata zu schützen. Heute wissen die Psychologen, dass sie schon bei Kindern auftritt, die zu verschiedenen Verhaltensweisen aus Entwicklungsstufen zurückkehren, aus denen sie eigentlich herausgewachsen sind. Dies sind Phasen, die Wochen oder Monate andauern können.
Erwachsene ereilt die Altersregression oft unbewusst im alltäglichen Leben. Das sind Momente, in denen den meisten gar nicht bewusst ist, dass sie kindisch reagieren. Emotionen aus der Kindheit können uns mehrfach am Tag überfallen. Dazu gehören beispielsweise Unsicherheiten oder Unbehagen.
In der Psychologie wird die Altersregression heute sogar als therapeutischer Ansatz verwendet. Sie dient dazu, beispielsweise traumatische Kindheitserinnerungen zu entdecken. Schon Carl Jung glaubte, dass die Altersregression positiv eingesetzt werden kann: um sich jünger, weniger gestresst und offener zu fühlen.
Bewusst oder unbewusst: Verschiedene Typen der Altersregression
Schon die Verwendung des Begriffes Altersregression zeigt, dass sie unterschiedlich betrachtet wird. Es gibt verschiedene Typen. Doch alle haben zwei Elemente gemeinsam:
- Menschen kehren in einen jüngeren Geisteszustand zurück
- Altersregression ist nicht sexuell
Vorzugeben, jünger zu sein, kann ein sexueller Fetisch sein. Das ist jedoch keine Altersregression. Hier geht es vielmehr darum, mittels Abwehrmechanismus mental in eine andere Zeit des Lebens einzutauchen.
Altersregression als Symptom einer Krankheit
Altersregression kann die Folge eines medizinisches oder psychiatrischen Problems sein, also als Symptom einer Krankheit angesehen werden. Kindliches Verhalten tritt in diesem Fall auf, wenn gesundheitliche Probleme die Ursache sind – beispielsweise in Verbindung mit Schmerzen oder Stress, Emotionen wie Angst oder Furcht. Menschen mit einer dissoziativen Identitätsstörung (DIS) haben häufig auch eine jüngere Persönlichkeit unter den verschiedenen Persönlichkeiten, meist ausgelöst durch Angst oder Stressfaktoren.
Mögliche Krankheiten sind unter anderem:
- Schizophrenie
- Depressionen
- Demenz
- posttraumatische Belastungsstörungen
- dissoziative Identitätsstörungen
- Borderline
Altersregression als therapeutische Technik
In der Therapie ist die Altersregression eine Technik, um Patienten zu helfen, Traumata aus der Vergangenheit zu überwinden. Vor allem in der Hypnotherapie wird sie angewendet, um in schmerzhafte Phasen zurückzukehren und die Heilung herbeizuführen. In diesem Fall wird oft auch von der Altersrückversetzung gesprochen.
Viele Erfahrungen und Erinnerungen werden im Laufe eines Lebens verdrängt und vergessen. Die Altersregressionstherapie kann hier ein Zugang zu diesen verschütteten Erinnerungen sein. So könnten verdrängte Ereignisse wieder erreicht werden, deren schmerzhafte Erfahrung und Probleme noch Jahre später Auswirkungen auf das Verhalten haben.
Negative Gedanken und Gefühle aus der Vergangenheit könnten so neu geordnet und umformuliert werden. Dies ist beispielsweise bei Phobien, Schuldgefühlen, Problemen des Intimlebens, Angst und auch Depressionen eine Möglichkeit.
In der medizinischen Praxis ist die Altersregression als therapeutische Technik nicht unumstritten. Experten befürchten, dass auch „falsche“ Erinnerungen statt tatsächliche Erinnerungen aufgedeckt werden könnten. Viele Studien zeigen, dass der Hypnoseprozess falsche Erinnerungen erzeugen kann.
Altersregression als Selbsthilfemittel
Das Phänomen kann aber auch als Mittel zum Zweck für die Selbsthilfe eingesetzt werden. So ist es für manche Menschen hilfreich, in eine Zeit ihres Lebens zurückzukehren, in der sie sich geliebt, geborgen und sicher gefühlt haben. Das kann eine positive Erfahrung für einen schwierigen Alltag sein. An einem sicheren Ort kann dies eine Entspannungstechnik sein, auch als Bewältigungsmechanismus dienen und Stress abbauen.
Hier verschwimmen die Grenzen jedoch leicht zu einer krankhaften Verhaltensweise. Wer ohne Kontrolle in ein jüngeres Alter zurückkehrt, sollte sich daher an einen Psychologen wenden.
Altersregression im Alltag: So ist sie zu erkennen
Häufig durchleben wir Situationen der Altersregression im Alltag, ohne dies wirklich wahrzunehmen. Das kann beispielsweise bei emotionalen Reaktionen sein: Momente kindlicher Wut, kindliche Scham oder gar die Angst vor Bestrafung, wenn wir etwas nicht richtig gemacht haben.
Wer an einer Selbstverbesserung interessiert ist, sollte zunächst lernen, diese Momente zu erkennen. Kindliche Reaktionen sind beispielsweise viel intensiver als erwachsene Reaktionen. Denn Kinder leben im Hier und Jetzt und lassen sich von ihren Emotionen leichter steuern. Erwachsene hingegen reagieren angemessen in der Intensität. Sie können verschiedene Perspektiven einer Situation erkennen, haben keine Probleme, über Gefühle zu sprechen und können uns von ihnen motivieren lassen. Auch ein „Schwarz-Weiß-Denken“ kann ein Anzeichnen einer kindlichen Reaktion sein. Denn als Kind gibt es meist nur ein Entweder-oder!
Mit etwas Übung kann solche eine Altersregression im Alltag erkannt werden. Ihr jedoch nicht nachzugeben, ist meist schwerer. Hier kann die Erinnerung an den eigentlichen Auslöser hilfreich sein. Auch das bewusste Denken, jetzt sind wir erwachsen, kann helfen.
Zusammenfassung
Altersregression ist ein psychisches Phänomen, das sowohl spontan als auch herbeigeführt auftreten kann. In diesem Fall versetzen sich Menschen in ein geistig jüngeres Alter und übernehmen die Verhaltensweisen aus dieser Lebenszeit. Es kann ein Krankheitssymptom sein, als therapeutische Technik ist die Altersregression umstritten, als Selbsthilfemittel für Menschen jedoch auch hilfreich.