Auch wenn wir durch eine ausgewogene Ernährung beinahe täglich mit ihnen in Berührung kommen, wird der Begriff „Flavonoid“ den meisten von uns nicht bekannt vorkommen. Es handelt sich dabei um sekundäre Pflanzenstoffe, denen eine besondere gesundheitsförderliche Wirkung im menschlichen Organismus nachgesagt wird. Etwa 8.000 Substanzen fallen unter diesen Begriff, die sich beispielsweise durch verschiedene Substitutionen im aromatischen Ring sowie das Anhängen von Zuckern (Glykoside) unterscheiden.
Dazu gehören beispielsweise die Polyphenole, die eine gemeinsame Grundstruktur aufweisen. Zu ihnen gehören die Flavonoide, Phenolsäuren und andere Substanzen. Einige flavonoidhaltige Pflanzen werden bereits in der Wissenschaft eingesetzt, auch wenn noch längst nicht alle Wirkungsweisen bekannt sind.
Flavonoide stecken in vielen unterschiedlichen Lebensmitteln und werden häufig in Zusammenhang mit Kakao und Rotwein gesetzt. Doch auch als Blütenfarbstoffe sowie zur Farbgebung einiger Beeren findet sich ein Teil der Flavonoide. Die meisten unter ihnen sind jedoch gelb, die als sogenannte Isoflavonoide Derivate der Isoflavone sind. Daher rührt auch der Name, der vom lateinischen Begriff flavus (gelb) abgeleitet wird. Über welche Eigenschaften sie verfügen und was sie so gesund macht, soll im folgenden Ratgeber genauer erklärt werden.
Chemische Zusammensetzung
Um zu verstehen, wie komplex Flavonoide eigentlich sind, folgt ein kleiner Ausflug in die Chemie. Die sekundären Pflanzenstoffe bilden eine große Gruppe unter den Polyphenolen, die zu den aromatischen Verbindungen zählen. Polyphenole entstehen, wenn mehrere Phenole zusammenkommen. Das Grundgerüst der Flavonoide ist das Flavan. Dabei handelt es sich um zwei Benzole, die über einen sauerstoffhaltigen Heterozyklus verbunden sind.
Durch einen ersten Biosyntheseschritt der Flavonoide wird Cumarsäure gebildet und aktiviert. Anschließend führen Verzweigungen zu weiteren sogenannten Phenylpropylverbindungen wie beispielsweise Cumarin, Lignanen, Lignin sowie Derivate der Benzoesäure und aromatischen Estern.
Heute ist eine Vielzahl von Flavonoiden bekannt, die sich durch verschiedene Substituenten an unterschiedlichen Positionen unterscheiden. Die wichtigsten unter ihnen sind:
- Anthocyane
- Anthocyanidine
- Aurone
- Catechine
- Chalkone
- Flavanole
- Flavanone
- Flavanonole
- Flavone
Vorkommen der Flavonoide
Die sekundären Pflanzenstoffe sind die am häufigsten vorkommenden Polyphenole und finden sich in vielen Lebensmitteln, vor allem in Obst- und Gemüsesorten sowie Heilpflanzen. Ihre Funktion ist unter anderem der Schutz der Pflanzen vor schädlichen Umwelteinflüssen, daher ist ihre Konzentration in Schalen und Blättern am höchsten. Viele unter ihnen fungieren als Farbstoffe, die Lebensmittel von Gelb über Rot bis hin in ein tiefes Violett färben können.
Hohe Anteile an Flavonoiden finden sich mit Hypericin und Hyperforin beispielsweise im Johanniskraut. Die beiden Stoffe werden unter anderem bei der Therapie von Stress und Depressionen eingesetzt. Das Quercetin als weiteres Flavonoid findet sich beispielsweise in hoher Konzentration in Ringelblumen, Eberrauten, Liebstöckel sowie der bitteren Schleifenblume. Quercetin kann entzündungshemmend wirken und soll sogar vor Krebs schützen.
Luteolin als weiteres, in der Naturheilkunde sehr geschätztes Flavonoid, findet sich beispielsweise in Kräutern wie Kamille, Rosmarin und Thymian. Luteolin soll unter anderem antioxidativ und entzündungshemmend wirken. Darüber hinaus wird auch diesem Stoff eine krebsschützende Eigenschaft nachgesagt.
Doch nicht nur in Heilkräutern, auch in den folgenden Lebensmitteln findet sich ein hoher Anteil an Flavonoiden:
- Obst- und Beerensorten wie Ă„pfel, Birnen, Heidelbeeren, Himbeeren, Kirschen, Pflaumen, rote Trauben und ZitrusfrĂĽchte
- GemĂĽsesorten wie Auberginen, GrĂĽnkohl, Rote Bete, Rotkohl oder Zwiebeln
- Sojaprodukte
- Schwarzer, GrĂĽner und Oolong Tee
- Kakao
- Rotwein
Im Folgenden sind einige der bekanntesten bereits gut erforschten Flavonoide und deren Vorkommen aufgelistet:
Flavonoid | Vorkommen |
---|---|
Apigenin | Kamille, Petersilie, Hauhechel |
Genistein | Rotklee, Sojabohne |
Hypericin | Johanniskraut |
Kaempferol | Rosmarin, Guter Heinrich, Scharbockskraut |
Fisetin | Erdbeeren, PerĂĽckenstrauch |
Quercetin | Ringelblume, Liebstöckel |
Rutin | Johanniskraut, Eberraute, Weinraute |
Myricetin | Schwarze Johannisbeere, Sonnentaukraut, Heidelbeeren, Schwarzer Tee |
Da Flavonoide auch als Pflanzenfarbstoffe dienen, kann in der Natur der Gehalt an Flavonoiden an der Farbintensität einer Frucht, eines Gemüses, Gewürz, Krautes oder anderer Pflanzenbestandteile abgeschätzt werden. Leidglich Zitrusfrüchte bilden dabei eine Ausnahme. Bei ihnen findet sich die höchste Konzentration in dem weichen Pelz zwischen Schale und Fruchtfleisch.
Besondere Eigenschaften
Aktuell sind etwa 8.000 Flavonoide bekannt, die in weitere Untergruppen unterteilt werden können. Einige von ihnen wurden bereits ausführlich wissenschaftlich untersucht. Dazu zählen Quercetin, Kaempfrol, Luteolin, Apigenin und Catechin. Sie besitzen alle für sich ganz unterschiedliche physikalische und chemische Eigenschaften, sodass sie sich in ihren Strukturen stark voneinander unterscheiden können. Allerdings gibt es auch einige grundlegende Eigenschaften, welche die sekundären Pflanzenstoffe gemeinsam haben. Unter anderem sind das die Folgenden:
- Können in Verbindung mit Metallen wie Eisen oder Kupfer sogenannte Komplexverbindungen bilden. Daher spielen sie in der Naturheilkunde bei Metallvergiftungen eine große Rolle.
- Sind vitaminähnliche Antioxidantien, die unter anderem freie Radikale fangen, vor UV-Strahlung sowie oxidativem Stress schützen können.
- Kommen in Schalen von Blättern, aber auch in Kernen vor.
- Können zusätzlich vor Viren, Pilzen und Schädlingen schützen.
- Kommen häufig als Bitterstoffe vor.
Aufgaben der Flavonoide
Im Gegensatz zu Phenolen sind Flavonoide nicht mehr farblos, sondern bilden die Farbstoffe der Pflanzen, insbesondere der Blüten. Sie sind Bestandteil des pflanzlichen Stoffwechsels und besitzen abweisende sowie gleichzeitig anlockende Funktionen. Abweisend sind sie beispielsweise gegen UV-Strahlungen der Sonne sowie gegen Fressfeinde. Durch ihre sogenannte „aromatische Verbindung“, die in diesem Fall einen bitteren Geschmack bezeichnet, werden Fressfeinde abgehalten.
Anlockend wirken sie hingegen auf Insekten, welche für die Bestäubung der Pflanzen und somit für den Erhalt ihrer Art verantwortlich sind. Zusätzlich spielen sie bei der Symbiose zwischen Pflanzen und Pilzen oder Bakterien eine große Rolle. Auch in diesem Fall wirken sie als chemischer Lockstoff.
Der bittere Geschmack in Pflanzen ist häufig ein Signal für Gift. Einige Stoffe wirken insbesondere auf Insekten, Pilze, Bakterien und andere Kleinorganismen toxisch. Nicht immer tritt diese Wirkung auch beim Menschen auf, einige Pflanzen sind jedoch auch für unseren Organismus schädlich.
So wirken Flavonoide
Nicht nur bei Pflanzen können die Flavonoide Wunder wirken, auch vom menschlichen Körper werden sie gut aufgenommen und können sich in vieler Weise positiv auf den Organismus auswirken. Probiotische Bakterien im Darm unterstützen die Aufnahme zusätzlich.
Zwar sind die Auswirkungen noch nicht vollständig untersucht, es ließen sich jedoch bereits in der Vergangenheit viele positive Eigenschaften feststellen. Allerdings kann ihre Wirkung nicht für alle Stoffe gelten. So wirken einige unter ihnen beispielsweise entzündungshemmend, antioxidativ, durchblutungsfördernd, krampflösend sowie antifungal, antibakteriell und antiviral.
Bei einigen Flavonoiden konnte zudem eine gewisse Schutzwirkung vor einigen Krebsarten und Herz-Kreislauf-Erkrankungen herausgefunden werden. Dies liegt unter anderem daran, dass diese eine positive Wirkung auf den Arachidonsäurestoffwechsel und in diesem Zusammenhang auch auf die Blutgerinnung haben können.
Neben der antioxidativen Wirkung, auf die später näher eingegangen werden soll, sind folgende gesundheitsförderliche Eigenschaften besonders hervorzuheben:
- Starke Wirkung gegen Viren und Bakterien
- können gegen Entzündungen und Allergien wirken
- Teilweise blutdrucksenkend
Starke Wirkung gegen Viren und Bakterien
Bei diversen Forschungen zeigte sich ein klares Bild bei der antibakteriellen sowie antiviralen Wirkung. Tatsächlich sind einige der sekundären Pflanzenstoffe in der Lage, Aktivitäten von Bakterien auf die gleiche Weise zu hemmen wie Antibiotika. Bei einer Untersuchung von Grippeviren und grünem Tee zeigte sich darüber hinaus eine antivirale Wirkung.
Wirken gegen EntzĂĽndungen und Allergien
Etliche Flavonoide hemmen Enzyme und sorgen dafür, dass die Zellen aktiviert werden, die Immunreaktionen regulieren. Daher gelten auch entzündungshemmende und antiallergische Eigenschaften als bestätigt.
Teilweise blutsenkend
In einer Studie aus Kanada fanden Wissenschaftler heraus, dass Flavonoide aus Apfelschalenextrakt eine ähnlich blutdrucksenkende Wirkung haben wie ACE-Hemmer. Allerdings zeigte sich ebenfalls, dass sich nicht von einer generellen Wirkung der Flavonoide sprechen lässt. So zeigte sich nämlich bei isolierten Tests, dass zwar ein auf Quercetin beruhender Stoff äußerst wirksam war, das Isoflavon-Flavonoid Genistein hingegen keine blutdrucksenkenden Effekte zeigte.
Flavonoide gibt es auch als Nahrungsergänzungsmittel zu kaufen. Allerdings sind diese laut Experten bei einer ausgewogenen Ernährung mit natürlichen Lebensmitteln völlig überflüssig. Denn in diesem Fall werden über die Nahrung verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe und zahlreiche andere Nährstoffe aufgenommen. Saisonales Obst und Gemüse macht Pillen also überflüssig.
Wissenschaftliche Bedeutung
Da die meisten Studien nicht an isolierten Flavonoiden durchgeführt werden, ist ihr kompletter Wirkungsradius noch nicht vollständig untersucht. Versuchspersonen bekommen häufig Lebensmittel zu essen, die neben den sekundären Pflanzenstoffen auch andere Nährstoffe enthalten. Daher lässt sich nicht genau bestimmen, welcher Stoff letztendlich welche Wirkung erzielt oder ob eine Kombination aus mehreren Stoffen gesundheitliche Vorteile bringt.
Einige positive Wirkungen auf den menschlichen Organismus konnten dennoch bereits in wissenschaftlichen Studien herausgefunden werden. So konnte beispielsweise die Förderung körpereigener Abwehrmechanismen bestätigt werden. Außerdem konnten bereits einige antibakterielle sowie antivirale Wirkungsweisen herausgefunden werden. Die krebsvorbeugende Wirkung gilt mittlerweile ebenfalls als unstrittig. Laut der Deutschen Krebsgesellschaft (DGK) wurde in über 250 Studien nachgewiesen, dass hohe Mengen Obst und Gemüse das Krebsrisiko nachhaltig senken können.
Des Weiteren wird aktuell über die Bedeutung der Flavonoide zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und malignen Tumoren im klinischen Kontext diskutiert. Darüber hinaus sind sich die Wissenschaftler noch uneinig darüber, wie hoch die antioxidative Kapazität dieser sekundären Pflanzenstoffe im menschlichen Körper wirklich ist. Dass es sich bei Flavonoiden um Antioxidantien handelt, ist hingegen längst bekannt. Was das bedeutet und welche Wirkungsweisen damit verbunden sind, wird im nächsten Abschnitt erklärt.
Flavonoide als Antioxidantien
Nicht nur Flavonoide – bei den meisten sekundären Pflanzenstoffen handelt es sich um Antioxidantien. Diese habe verschiedene Funktionen im Körper und schützen unter anderem die Zellen. Des Weiteren verhindern sie Reaktionen und dadurch eine Hemmung von freien Radikalen im Körper. Deshalb können Flavonoide vor zahlreichen Krankheiten schützen.
Bei freien Radikalen handelt es sich um Sauerstoffverbindungen, die sich in einem instabilen Zustand befinden, da ihnen ein Elektron fehlt. In Verbindung mit anderen Stoffen, entreißen sie diesen das fehlende Teilchen, wodurch weitere freie Radikale entstehen. Dieser Vorgang wird auch Oxidation genannt. Eine überschaubare Anzahl an freien Radikalen ist nicht weiter schlimm, sie werden sogar vom Körper selbst hergestellt.
Bei zu hohen Konzentrationen führen sie jedoch zu gesundheitlichen Problemen. Dieser Zustand nennt sich oxidativer Stress. Befindet sich der Körper über einen längeren Zeitraum oxidativem Stress ausgesetzt, können Krankheiten entstehen. Zusätzlich steht oxidativer Stress im Verdacht, das zentrale Nervensystem zu schädigen, allerdings fehlen hier noch genauere wissenschaftliche Untersuchungen.
Freie Radikale entstehen beispielsweise durch Hitze, UV-Strahlungen sowie Alkohol- und Drogenkonsum, Rauchen, Stress, Depressionen, Schadstoffe und Umweltgifte wie Abgase und Pestizide sowie vielem mehr. Antioxidantien wirken gegen diese freien Radikale, indem sie mit ihnen Reaktionen eingehen und sie somit unschädlich machen.
Mögliche Neben- und Wechselwirkungen
Neben- und Wechselwirkungen der Flavonoide sind nicht bekannt. Im Gegenteil – es kann sogar festgehalten werden, dass ein Lebensmittel gesünder ist, je mehr Flavonoide es enthält. Durch eine gesunde und ausgewogene Ernährung, die viel Obst und Gemüse beinhaltet, wird der Körper ausreichend mit Flavonoiden versorgt. Sogar in einigen tierischen Lebensmitteln lässt sich eine Spur von Flavonoiden finden. Ab wann die Menge jedoch kritisch oder risikoreich ist und ob es überhaupt eine solche Grenze gibt, wurde noch nicht hinreichend erforscht.
Wer jetzt denkt, seinem Körper mit einer zusätzlichen Supplementierung von Flavonoiden einen Gefallen zu tun, der irrt jedoch. Zwar gibt es auch hierzu noch keine ausreichenden Forschungsergebnisse, es steht jedoch zumindest im Verdacht, dass Flavonoidsupplemente in der Schwangerschaft das Leukämie-Risiko bei Kleinkindern leicht erhöhen könnte. Doch auch wer nicht schwanger ist, sollte besser auf diese Nahrungsergänzungsmittel verzichten und stattdessen auf eine ausgewogene Ernährung mit frischem und saisonalem Obst und Gemüse setzen.
Flavonoide in Cannabis
Auch in der Cannabispflanze und im CBD kommen Flavonoide vor. Dort sind sie insbesondere für den Geruch, die Farbe sowie den Geschmack verantwortlich und schützen auch hier vor UV-Strahlen sowie Schädlingen. Daneben finden sich in den Pflanzen sogenannte Terpene. Ähnlich wie bei Flavonoiden handelt es sich auch bei Terpenen um chemische Verbindungen, die in natürlichen Organismen vorkommen und für die Farbe, den Geruch sowie den Geschmack verantwortlich sind.
DarĂĽber hinaus wird ihnen eine antimikrobielle Eigenschaft nachgesagt. Die Forschung ist aktuell dabei, herauszufinden, welche Flavonoide und Terpene in der Hanfpflanze vorkommen. Die folgenden konnten jedoch bereits erfolgreich nachgewiesen werden:
- Kaempferol
- Vitexin
- Isovitexin
- β-Sitosterin
- Cannaflavine A, B und C
- Orientin
- Quercetin
- Apigenin
- Luteolin
Der Entourage-Effekt
Der Begriff „Entourage-Effekt“, im Cannabidiol- / CBD-Bereich auch „Terpen-Entourage-Effekt“ genannt, bezeichnet den synergistischen Effekt, welcher die Terpene auf das Cannabidiol (CBD) ausüben. In anderen Worten besagt er, dass ein Pflanzenstoffgemisch über eine höhere biologische Aktivität verfügt als die isolierte Reinsubstanz. Da die Hanfpflanze über eine Vielzahl von Phytocannabinoiden und Terpenen verfügt, kann somit eine optimierte Wirkung erzielt werden.
Durch den Effekt der verschiedenen Pflanzenstoffe genügt die Zufuhr von Cannabidiol bereits in moderaten Mengen, um hohe gesundheitliche Ergebnisse erzielen zu können. Daher wird in der Herstellung von CBD-Produkten darauf geachtet, dass ausreichend Terpene enthalten sind.
Zusammenfassung
Flavonoide zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen und sind insbesondere für deren Farbgebung verantwortlich. In Pflanzen sowie im menschlichen Körper können sie als Antioxidantien wirken und vor vielen Krankheiten schützen. Wie stark ihre Wirkung auf den menschlichen Organismus ist, wird jedoch noch erforscht.