Haben Cis-Männer ihre Periode?

Haben Cis-Männer ihre Periode? Die Wahrheit über das Syndrom des reizbaren Mannes

Hormonelle Veränderungen im Laufe eines Zyklus gehören bei Frauen ab Einsetzen der Pubertät bis zur Menopause dazu. Was bisher eher unbekannt war: Auch Männer erleben solche hormonellen Schwankungen. So steigt der Testosteronspiegel eines Mannes morgens an und fällt dann gegen Abend wieder ab. Überdies kann der Testosteronspiegel auch von Tag zu Tag variieren. Nun behaupten einige Wissenschaftler schon länger, dass solche hormonellen Schwankungen zu bestimmten Symptomen führen können, die dem prämenstruellen Syndrom (PMS) bei Frauen ähneln. Dazu gehören unter anderem:

  • Depressionen
  • Stimmungsschwankungen
  • Müdigkeit

Fraglich ist, ob diese Hormonschwankungen regelmäßig auftreten, sodass diese einem Zyklus zugeordnet werden können. Wäre das der Fall, dann hätten auch Cis-Männer durchaus eine Art männliche Periode.

Periode beim Mann ist bekannt als IMS – dem „Irritable Male Syndrome“

Viele Forscher haben sich mit der Frage beschäftigt, ob Männer so etwas wie eine Periode haben. Fest davon überzeugt ist beispielsweise Jed Diamond, Psychotherapeut und Autor des Buches „The Irritable Male Syndrome“. Er prägte diesen Begriff, der vielen mittlerweile unter der Abkürzung IMS bekannt ist. Der Psychotherapeut beschreibt damit die hormonellen Schwankungen bei Männern, die mit einigen Symptomen einhergehen können. Das IMS geht dabei auf ein biologisches Phänomen zurück, welches bei Widdern beobachtet werden konnte. Jed Diamond ist der Auffassung, dass Cis-Männer ähnlich wie Frauen bestimmte Hormonzyklen durchlaufen. Diese werden daher häufig als „männliche Periode“ bezeichnet – oder umgangssprachlich und mit einem Augenzwinkern auch als „Mannstruation“.

Aber natürlich unterscheidet sich die männliche Periode maßgeblich von dem biologischen Prozess, der bei Frauen stattfindet. Beim weiblichen Geschlecht erfolgen die hormonellen Veränderungen und die damit verbundene Periode basierend auf dem natürlichen Fortpflanzungszyklus. Die körperlichen Veränderungen sollen die Frau auf eine mögliche Empfängnis vorberieten – und das jeden Monat aufs Neue. Bei Cis-Männern werden hingegen keine Eizellen produziert. Sie haben keine Gebärmutter, die Schleimhaut aufbaut, um sich auf die Einnistung der befruchteten Eizelle vorzubereiten. Somit stoßen Cis-Männer auch nicht Monat für Monat die überschüssige Schleimhaut in Form der Periodenblutung wieder ab, sofern keine Empfängnis eintritt, wie das bei Frauen der Fall ist.

Da der Testosteronspiegel bei Männern variiert und durch einige äußere Faktoren beeinflusst werden kann, können auch Männer bestimmte Symptome bekommen, die bei Frauen vor und während der Regelblutung auftreten.

Auch, wenn Männer natürlich keine Regelblutung bekommen können, spricht man aufgrund der Symptome, die den weiblichen PMS-Beschwerden ein wenig ähneln, von der männlichen Periode.

Wie entsteht IMS?

Die genauen Ursachen für das Phänomen IMS sind noch unklar. Es soll aufgrund der Schwankungen der natürlichen Geschlechtshormone des Mannes entstehen. Dabei spielt vor allem Testosteron wahrscheinlich eine große Rolle.

Die Forschung zum Thema IMS steckt noch in den Kinderschuhen. Es gibt noch keine medizinischen Beweise dafür, dass das Phänomen überhaupt existiert.

Fakt ist aber, dass Testosteron für das geistige und körperliche Wohlbefinden des Mannes eine wichtige Rolle spielt. Demzufolge ist auch durchaus wahrscheinlich, dass Schwankungen des Testosteronspiegels sich auf Körper und Seele eines Cis-Mannes auswirken. Allerdings wird das Hormon auch von äußeren Faktoren beeinflusst, die nichts mit dem IMS zu tun haben. Dazu zählen beispielsweise:

  • Alter – ab etwa 30 Jahren sinkt bei Männern der Testosteronspiegel
  • Änderungen der Ernährungsgewohnheiten
  • Gewichtszunahme oder Gewichtsreduktion
  • Schlafmangel
  • Essstörungen
  • Krankheiten

Somit können sich auch diese Faktoren auf das psychische Wohlbefinden von Männern auswirken.

Welche Symptome hat IMS?

Grundsätzlich sind die Symptome des IMS mit den Beschwerden vergleichbar, die Frauen mit PMS erleben. Aber: IMS folgt nicht dem physiologischen Muster, wie das durch den Fortpflanzungszyklus bei Frauen der Fall ist. Die hormonellen Schwankungen bei IMS treten aktuellen Erkenntnissen zufolge nicht regelmäßig auf und haben oft keinen Rhythmus. Allerdings kann IMS mit einigen der folgenden Beschwerden bei Männern einhergehen:

  • Müdigkeit
  • kognitive Beeinträchtigungen wie Verwirrung oder Vernebelung
  • Depressionen
  • Reizbarkeit bis hin zur Wut
  • mangelnde Selbstachtung
  • Abnahme der Libido
  • Überempfindlichkeit
  • Angst

Dauern die Symptome bei Männern über mehrere Wochen oder Monate in unverminderter Stärke an, ist das nicht auf das IMS zurückzuführen. Dann gibt es andere Ursachen wie etwa einen generellen Testosteronmangel. Betroffene sollten daher ihren Arzt aufsuchen.

Gerade bei Männern mittleren Alters können einige der genannten Symptome dauerhaft auftreten, denn dann sinkt der Testosteronspiegel auf natürliche Weise. Die sogenannte Andropause setzt ein, die mit der weiblichen Menopause vergleichbar ist. Eine nachlassende Libido, Müdigkeit und Depressionen gehen wegen des niedrigen Testosteronspiegels oft mit der Andropause einher.

Was hilft bei mutmaßlichem IMS?

Bisher ist IMS keine anerkannte medizinische Diagnose. Wer dennoch glaubt, an IMS zu leiden und dementsprechend mit einigen der genannten Symptome zu kämpfen hat, kann seinen Lebensstil ändern, um die Beschwerden zu lindern. Wichtig ist zum Beispiel, die Symptome nicht überzubewerten und die Stimmungsschwankungen und Emotionen als natürlich anzunehmen. Auch der Abbau von Stress, mehr körperliche Bewegung und eine gesunde Ernährung tragen dazu bei, besser mit IMS klarzukommen. Manchen Männern hilft es, weniger Alkohol zu trinken und das Rauchen aufzugeben. Erfahrungsberichten nach kann das dazu beitragen, die Symptome des IMS zu reduzieren.

Sind die Beschwerden hingegen auf einen dauerhaft erniedrigten Testosteronspiegel zurückzuführen, ist ein Gang zum Arzt unvermeidlich. Durch Blutuntersuchungen kann der Testosteronspiegel bestimmt werden. Sind die Werte zu niedrig, kann ein Testosteronersatz verschieben werden, um den Spiegel zu erhöhen. Das ist aber unter Umständen mit Nebenwirkungen verbunden und sollte daher gut überlegt werden.

Anhaltende Stimmungsschwankungen haben nichts mit IMS zu tun

Zusammenfassend können wir also sagen: Ja, auch Männer können eine Art Periode haben. Das bedeutet, dass ihr Testosteronspiegel natürlichen Schwankungen unterliegt, die aber keinem bestimmten Muster oder Rhythmus folgen müssen, sondern oft von außen beeinflusst werden. Dementsprechend können Cis-Männer im Rahmen des IMS schlechte Tage haben, an denen sie reizbar oder depressiv sind.

Sind die Symptome aber schwerwiegend und anhaltend, hat das meist andere Ursachen, die dringend ärztlich abgeklärt werden sollten. Dahinter kann ein dauerhaft erniedrigter Testosteronspiegel stecken, aber auch andere Erkrankungen sind möglich. Wer bei seinem Partner längere depressive Zustände oder ähnliche andauernde Symptome feststellt, sollte das Gespräch suchen. Männer, die bei sich selbst derartige Beschwerden bemerken, suchen am besten in naher Zukunft ihren Arzt auf, um schnell eine Diagnose und eine entsprechende Behandlung zu erhalten.

Zusammenfassung

Männer haben im Gegensatz zu Frauen keine regelmäßige Periodenblutung, können aber sehr wohl gelegentlich unter hormonell bedingten Stimmungsschwankungen oder Depressionen leiden. Schuld daran sind die natürlichen Schwankungen des Hormonspiegels, wobei insbesondere das Geschlechtshormon Testosteron eine wichtige Rolle spielt. Die Beschwerden, die bei Männern dadurch auftreten, werden allgemein als Irritable Man Syndrom (IMS) zusammengefasst und ähneln dem bei Frauen bekannten PMS teils sehr.

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert